Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft (German Studies)

"Coping with Losses": zur Rhetorik literarischer Trauer und Trauerdarstellung

Dienstag, 18.03.2025

Die Frage, welchen Bezug Literatur zu konkreten Situationen der Lebensbewältigung hat, ist eigentlich immer virulent, aber im Rahmen von Ästhetiktraditionen, welche die Literatur aus den Fängen des Gebrauchs zu retten versuchen, nicht zu beantworten. Wie aber werden etwa Trauerprozesse oder Sterbeangst in der Literatur dargestellt? Mit welchen Mitteln reagieren literarische Texte, die sich selbst in Trauerszenen situieren, auf jene Herausforderungen, mit denen jedes menschliche Leben unzweifelhaft konfrontiert wird? Immer wieder werden literarische Texte im Rahmen von Trauerbegleitungen genutzt, wie sie Theolog*innen oder Therapeut*innen anbieten, aber die Literaturwissenschaft beschäftigt sich selten mit diesen Fragen. Kommt hinzu, dass – anders als in der Psychologie – die Trauerdebatte der Literaturwissenschaft sehr lange unter dem Dogma Sigmund Freuds stand, welches längst von jüngeren Entwicklung etwa der Copingtheorien eingeholt worden ist. Die Copingtheorien ihrerseits bieten ein differenziertes Analyseinstrumentarium, welches sich auch eignet, um literarische Trauerprozesse zu charakterisieren. Die Vorlesung versucht, das Thema sowohl methodisch als auch historisch zu beleuchten. Am Beginn steht die Entwicklung eines methodischen Analysekonzepts, das auch für andere Fragestellungen relevant sein kann. Dabei werden New Rhetoric und Copingtheorie zusammengeführt. In der weiteren Vorlesung werden dann Trauertexte vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart vorgestellt. Wie waren Trauertexte der Frühen Neuzeit rhetorisch organisiert? Dienten sie nur der sozialen Selbstvergewisserung und christlichen Ermahnung oder leisteten sie auch einen Beitrag zur konkreten Trauerarbeit? Wie begegnen Lessing und Herder mit einer Debatte über die richtige Darstellung des Todes des zeitgemässen Bedürfnissen? Wie trauert ein königlicher Familienvater ganz privat um seine Ehegattin und Königin? Wie lässt sich die Geschichte der Trauer in Gedichten über ein Jahrhundert hinweg aufzeigen? Welche literarischen und psychischen Trauerformen zeigen sich in jüngeren literarischen Werken?

Dozierende(r): PD Dr. Christian von Zimmermann
18.03.2025:08:30 - 10:00
Ort:Hörraum F 021
Unitobler
Lerchenweg 32-36

Sie können diese Veranstaltung in ihrer persönlichen Agenda speichern. In Ihrer persönlichen Veranstaltungsübersicht finden Sie alle relevanten Detailinformationen zu Ihren gespeicherten Veranstaltungen zum Ausdrucken.