Antikes Judentum

«Die goldene Medine»: Die Auswanderung osteuropäischer Juden nach Nordamerika zwischen 1880 und 1920

Mittwoch, 20.03.2024

Zwischen 1880 und 1920 ereignete sich eine der wichtigsten Entwicklungen des modernen Judentums: Mehr als 2 Millionen Jüdinnen und Juden verliessen ihre angestammten Wohngebiete in Osteuropa (Russisches Reich, Österreich-Ungarn, Rumänien) und liessen sich in den USA nieder. Dieser Migrationsstrom hatte seine Ursachen einerseits in einem starken Bevölkerungswachstum verbunden mit weit verbreiteter Armut und andererseits in einer im Russischen Reich und auch in Rumänien staatlichen Diskriminierungspolitik, die sich zweitweise sogar in blutigen Pogromen äussern konnte. Im Gegensatz zu ihren Glaubensgenossen in Westeuropa und auch in den USA blieb der jüdischen Minderheit in diesen Staaten die rechtliche Emanzipation verwehrt und beeinträchtigte Massiv ihre Lebensbedingungen. Für zahlreiche meist jüngere Jüdinnen und Juden fehlten deshalb positive Zukunftspersektiven. Die USA, die Angehörigen des Judentums, als erste moderne Nation mit der Unabhängigkeitserklärung von 1776, die gleichen Bürgerrechte wie den weissen, christlichen Einwohnern gewährte, besass in den Augen vieler osteuropäischer Juden ein äusserst positives Image. Ende des 19. und Anfangs des 20. Jahrhunderts erfolgte die Einreise in die USA aus Europa fast immer über das Einwanderungszentrum Ellis Island bei New York. Dort mussten die Migrant:innen, nach einer meist beschwerlichen Überfahrt die Gesundheitskontrollen und Quarantäne überstehen, um dann in die USA einreisen zu können. Die meisten jüdischen Einwander:innen begannen ihr Leben in den USA mehrheitlich als Arbeiter, Handwerker und als bescheidene Ladenbesitzer. Der Aufstieg in die Mittelschicht verbunden mit akademischer College-Bildung war ihren Kindern und Enkeln vorbehalten. Mit dem sozialen Aufstieg und der sprachlichen und kulturellen Integration in die Mehrheitsgesellschaft entwickelte sich ein neues facettenreiches, amerikanisches Judentum.

Dozierende(r): Dr. D. Gerson
20.03.2024:16:15 - 18:00
Ort:EG, Seminarraum F 001
Unitobler
Lerchenweg 32-36

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